Freitag, 11. Mai 2012

Ärzte von Schweigepflicht entbinden?

Geht es nach dem Wunsch vieler privater Krankenversicherer, sollen ihre Mitglieder behandelnde Ärzte und Pflegepersonal umfassend (also ohne eine zeitliche oder inhaltliche Begrenzung) von der Schweigepflicht entbinden – angeblich nur zu Prüfungszwecken. Derzeit erhält so mancher Privatversicherte entsprechende Schreiben seiner Krankenkasse mit der Bitte, die Erklärung zur Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht zu unterzeichnen. Weiterhin teilt der Versicherer mit, dass eine nicht bzw. nicht ausreichend erfolgte Rückmeldung zu Verzögerungen bei der Schadensbearbeitung oder sogar zur Kürzung von Leistungen führen kann.

Aus Angst vor eben diesen Kürzungen unterzeichnen viele Versicherte die Erklärungen – obwohl bereits 2006 das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass niemand gezwungen werden darf, pauschal Aufhebungen der Schweigepflicht zu genehmigen. Die Entbindung müsse auf bestimmte Ärzte und Krankheiten begrenzt werden können.

Die Problematik bezieht sich übrigens ausschließlich auf die privaten Versicherer, denn für gesetzliche Versicherungen ist im Sozialgesetzbuch festgelegt, wie die Daten der dort Versicherten zu behandeln sind.

Branchenkenner vermuten hinter dem aktuellen Entwicklung aber etwas ganz anderes: Sie gehen davon aus, dass Versicherer auf diesem Wege versuchen, die Leistung ‚durch die Hintertür’ zu reduzieren. Zuletzt hatten sich der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) und Datenschutzbeauftragte auf einen neuen Entwurf zum Umgang mit Versichertendaten geeinigt. Demnach soll ein Patient genau entscheiden können, wer welche Daten, die der Schweigepflicht unterliegen, wann weitergeben darf und soll vor Weitergabe der Daten informiert werden und Vetorecht haben. Die Versicherer jedoch sind nicht verpflichtet, sich an diesen Entwurf zu halten; vielmehr kann es ihnen nur empfohlen werden.

Juristen raten Versicherten, generell so wenig wie nur möglich an Daten preiszugeben. Zudem solle eine Erklärung auf einen bestimmten Arzt, einen festgelegten Zeitraum und das zu diskutierende Krankheitsbild beschränkt werden.

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